Die Kunst- und Kreativschaffenden sind seit über einem Jahr von Einschränkungen und Berufsverboten, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, stark betroffen. Kultureinrichtungen wie Kinos, Konzertsäle, Ausstellungen, Theater- und Opernhäuser sind geschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel lud sich virtuell 14 Kultur- und Kreativschaffende ein und gab ihnen die Gelegenheit von ihren Erfahrungen während der Pandemie zu berichten und unmittelbaren Handlungsbedarf aufzuzeigen.
Speeddating mit Bundeskanzlerin
In insgesamt 90 Minuten fand ein Dialog statt, den sich ein Großteil der 1,8 Millionen Kultur- und Kreativschaffenden schon sehr lange herbei sehnte. Zu Wort kamen Soloselbstständige und Unternehmer. Sie zeigten unserer Bundeskanzlerin auf wo Hilfe benötigt wird und nicht ankommt, dass eine Auszahlung der November- und Dezemberhilfen im März für die meisten zu spät kommt und eine Gleichbehandlung mit sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer*innen (Stichwort Kurzarbeitergeld) bis dato schlichtweg fehlt.
Die Zeit von Angela Merkel war mehr als knapp bemessen und ihre Gesprächspartner*innen mussten sich kurz halten. Die Redezeit wurde von Schlagzeuger Martin Hennecke genutzt, um nach der Verankerung von Kultur im Grundgesetz zu fragen. Schauspieler*in Katarina Schmidt und Farouk el Kalili brachten prägnant die Existenznöte und das Abwandern aus ihrer Branche zum Ausdruck.
Auch andere Kulturelle wie Kinobetreiberin Marion Closmann prangerten die Perspektivlosigkeit an. Ein on-off-Betrieb ist bei Kinos einfach nicht möglich. Sie müssen Monate im Voraus planen und die Filme von den Verleihern bekommen. Ohne Filme im Kino fallen ihnen wichtige Fördergelder weg. Hinzu kommt, dass die Streamingdienste derzeit die Filme vom Markt saugen und die Exklusivität der Kinos nach der Pandemie nicht mehr gegeben sein könnte. So die Befürchtung von Frau Closmann.
Buchhändlerin Katrin Schmidt wünscht sich eine planbare Verlässlichkeit. Hygienekonzepte sind vorhanden, damit Buchhandlungen geöffnet bleiben können. Buchhandlungen zu schließen, wenn in den geöffneten Supermärkten, Kiosken und Drogerien weiterhin Bücher verkauft werden dürfen, stößt auf wenig Verständnis in der Branche von Frau Schmidt. Angela Merkel sagte, dass es allgemein schwierig ist zu unterscheiden, was systemrelevant ist und was nicht und weiß auch um die guten Hygienekonzepte; auch in der Veranstaltungsbranche.
Gleichstellung Statt Sonderfahrplan
Die finanzielle Absicherung von Solo-Selbstständigen wurde heute mehrmals thematisiert. Und wieder viel das Wort Gleichstellung. Sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer*innen sind durch das Kurzarbeitergeld finanziell abgesichert und müssen nicht, wie viele Selbstständige, auf ihre Rücklagen oder Versicherungen zurückgreifen. Musikerin Christina Lux sprach offen an, das die Wirtschaftshilfen nicht dort ankommen wo sie am dringendsten gebraucht werden. Der Zugang zu ALG I ist weiterhin für viele ihrer Kolleg*innen nicht möglich und die Antragstellung erschwert.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hörte heute aufmerksam zu und nahm vieles mit. Beispielsweise den Zugang zur Grundsicherung einfacher zu machen und mehr Planbarkeit zu schaffen. Es bleibt abzuwarten ob unsere Bundesregierung ihre Hausaufgaben macht und ihren Auftrag den 1,8 Millionen Kultur- und Kreativschaffenden gegenüber erfüllt. Die vielfältige KuK sollte nicht als Freizeit abgetan werden, dass mit freiwilligen Leistungen hier und da irgendwie am Leben gehalten wird. Sie sollte vielmehr mit anderen Wirtschaften, wie der Automobilbranche oder den Fluggesellschaften gleichgestellt werden. Denn neben unserer Gesundheit ist unsere Kultur- und Kreativwirtschaft das wohl kostbarste Gut und die drittgrößte Wirtschaft Deutschlands.
Den ganzen Beitrag mit Angela Merkel und den 14 Vertreter*innen aus Kultur- und Kreativwirtschaft gibt es hier zu sehen:
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