Weniger Bücher zu Weihnachten? – Papiermangel belastet den Buchmarkt

Es herrscht ein Mangel an Papier. Und das belastet den Buchmarkt und dessen Weihnachtsgeschäft. Die Produktion des wertvollen Rohstoffs stockt aufgrund von Lieferengpässen sowie hohen Holz- und Altpapierpreisen. Das hängt eng mit der Coronakrise zusammen, hat aber auch andere Gründe wie den weltweiten Bau-Boom und in weiterem Sinne die Digitalisierung, die zu einem erhöhten Bedarf an Verpackungsmaterialien geführt hat. Auch wenn dieser Mangel laut Expert*innen nicht von langer Dauer sein wird, könnte er zu erhöhten Buchpreisen in Deutschland führen und die Jahresbilanzen der Verlage und Buchhandlungen beeinflussen.

Weniger Bücher zu Weihnachten? – Papiermangel belastet den Buchmarkt

Die Coronakrise bringt viele neue Erfahrungen mit sich. Eine davon ist der Mangel von bestimmten Waren bzw. Rohstoffen, der für uns im privilegierten Deutschland eher eine Ausnahme darstellt. Besonders prominent sind derzeit die Engpässe bei Computerchips, wovon auch die PlayStation 5 betroffen ist und daher unter nur sehr wenigen Weihnachtsbäumen liegen wird. Aber auch der Buchmarkt gehört dazu, der mit einem Mangel an Papier zu kämpfen hat. Das Problem besteht schon seit letztem Jahr und konnte bisher von den deutschen Verlagen weitgehend abgefedert werden. Doch das Problem hält an und es ist mit einem Anstieg der Buchpreise im nächsten Jahr zu rechnen.

Doch schon jetzt im Weihnachtsgeschäft haben viele Verlage mit Problemen bei der Beschaffung von Druckpapier zu kämpfen, die auch  Buchhandlungen und Kund*innen zu spüren bekommen. Schon im Oktober war klar, dass viele Nachdrucke vor Weihnachten nicht mehr möglich sein werden. Und das hat nicht nur Auswirkungen auf fehlende Bücher an Heiligabend, sondern auch auf die Jahresendbilanzen der Verlage und des Buchhandels.

Produktion Just in Time

Bücher werden i.d.R. sehr kurzfristig produziert. War eine Auflage vergriffen, konnten Verlage sehr schnell weitere Auflagen in Auftrag geben und in den Handel bringen. Das nötige Papier wurde innerhalb weniger Tage geliefert. Heute müssen die Verlagshäuser und die Druckereien teilweise bis zu zwei Monate oder sogar länger warten, bis sie Nachschub im Haus haben, wie Katrin Jacobsen von Kiepenheuer und Witsch dem Spiegel erklärte. Laut Sabine Glitza vom selben Verlag betreffe das vor allem Sonderformate oder Bücher mit aufwendigen Bebilderungen, die eine besondere Papierqualität benötigten.

Die neuen Produktionszeiten bergen auch gewisse Risiken für die Verlage. Bisher konnte sehr flexibel auf den Erfolg eines Buches reagiert werden. Anstatt diesen im Vorfeld der Produktion antizipieren zu müssen, konnte auf hohe Verkaufszahlen flexibel mit Nachdrucken reagiert werden. Die neuen Lieferzeiten verunmöglichen dies. Die Verlagshäuser müssen langfristiger planen und je nach erwartetem Erfolg hohe oder eben niedrige Auflagen riskieren. Tritt das Erwartete nicht ein, drohen Verluste.

Hohe Preise für Holz und Altpapier

Der Papiermangel hat verschiedene Gründe, die nicht alle unmittelbar mit der Coronakrise zu tun haben. Einer davon ist die Situation auf dem Holzmarkt, die sich unmittelbar auch auf die Papierproduktion auswirkt. Holz ist ein begehrter Baustoff, da er stabil und nachhaltig ist. Vor allem in den USA, China und Europa wird enorm viel gebaut und dafür auf Holz zurückgegriffen, wie der NDR in einem Beitrag erklärt. Gleichzeitig haben Länder wie Russland und Kanada einen Exportstopp für Holz erlassen, was auch mit einem Käferbefall zusammenhängt, der die Produktion und den Export hemmt. Das führt zu Engpässen und zu einem enormen Preisanstieg. In den USA ist der Preis innerhalb eines Jahres um 500 Prozent gestiegen. Holz aus Deutschland ist deshalb sehr gefragt; in 2020 stieg die Ausfuhr laut statistischem Bundesamt um 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Nicht nur Holz, auch Altpapier ist teurer geworden. Für die Papierproduktion ist dieses sehr wichtig und in der Folge leidet der Buchmarkt unter dieser Entwicklung. Grund für den Preisanstieg ist ein reduziertes Altpapieraufkommen, was sowohl mit der Coronakrise als auch der Digitalisierung zusammenhängt. Viele Printmedien haben ihre Auflagen reduziert, auf ein ausschließlich digitales Angebot umgestellt oder sind Konkurs gegangen. Wer dem digitalen Wandel trotzen konnte und noch immer klassisch in Druck geht, hatte dann aber während der Coronakrise mit weniger Werbeanzeigen zu kämpfen, sodass als Folge weniger Seiten gefüllt und gedruckt wurden. Was trivial klingt, führte faktisch zu weniger Altpapier, das in die Produktion neuen Papiers eingespeist werden kann. Hinzu kommt ein großes Interesse Chinas am deutschen Altpapier. China zahlt einen guten Preis für das wertvolle Gut, reduziert damit die Bestände hierzulande und treibt die Preise nach oben.

Die Kombination aus digitalem Wandel und Coronakrise tut der Buchbranche noch aus einem anderen Grund nicht gut. Viele Papierproduzent*innen haben ihre Produktion umgestellt und in den Bereich der weitaus profitableren Verpackungs- und Versandmaterialien verlagert. Denn der Bedarf daran ist aufgrund des durch Digitalisierung und Coronakrise boomenden Onlinehandels enorm gestiegen.

Stehen steigende Buchpreise bevor?

Für die Festigkeit von Papier, Pappe und Karton wird Zellulose benötigt, sodass der Mehrbedarf an Verpackungsmaterial auch ein Mehrbedarf an Zellulose bedeutet. Der Verleger Tedel von Wallmoden erklärte dem NDR, dass diese Zellulose in erster Linie aus dem Eukalyptusbaum gewonnen werde und damit an bestimmte Klimaregionen gebunden sei. Selbst wenn Verlage ausschließlich national produzieren, sind auch sie hier in eine globale Lieferkette eingebunden, die aufgrund der Krise und des besagten Mehrbedarfs ins Stocken geraten ist. Der Geschäftsführer der Salzer Papier GmbH, Thomas Salzer, beklagt gegenüber arte dementsprechend nicht nur die hohen Holzpreise und den geringen Bestand der Ressource, sondern eben auch einen Mangel an Zellulose.

Wallmoden glaubt nicht an eine lange Dauer dieser Krise. Doch aktuell bringen die Unsicherheiten des Papiermangels die Verlage durchaus in Probleme, da sie ihre Bücher mit einem großen zeitlichen Vorlauf ankündigen. Ob sie die Preise, die sie heute angeben, dann bei Veröffentlichung noch halten können, ist unklar. Der Börsenverein rechnet schon für nächstes Jahr mit einem Anstieg der Preise, sodass das Problem unmittelbar bevorstehen dürfte.

Wir leben in einer Zeit des Sichtbarwerdens. Die Klimakrise, die Coronapandemie und natürlich die Digitalität zeigen das globale Zusammenwirken unserer Welt und Gesellschaften und wie schnell dieses gestört werden kann. Der Papiermangel wird aller Voraussicht nach nicht allzu lange andauern. Doch aufgrund des Weihnachtsgeschäfts könnte er gerade kleinere Verlage hart treffen.


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