Dark Matter – Interview mit Kreativdirektor Christopher Bauder

Christopher Bauder ist Lichtkünstler und Licht-Designer. Zusammen mit seinem Team und musikalischer Unterstützung hat er international erfolgreiche Installationen wie Deep Web und Skalar geschaffen, die zeitweise im Berliner Kraftwerk zu sehen waren. Die audiovisuellen Performances finden immer an der Schnittstelle zwischen Kunst und Technik statt. Seit Anfang Juni hat nun auch – etwas verzögert wegen der Pandemie – die Dauerausstellung Dark Matter in Berlin eröffnet. Hier sind 7 Installationen aus den letzten 20 Jahren zu sehen, darunter eine Uraufführung. Wir haben mit Christopher über seine Arbeit und die neue Dauerausstellung Dark Matter gesprochen.

Dark Matter – Interview mit Kreativdirektor Christopher Bauder

In den Kunstwerken von Christopher Bauder werden Licht und Klang synchronisiert. Ein dunkler Raum, grummelnde Sounds, fantastische Farben. Kleine Parallelwelten, in denen die Grenze zwischen analoger und digitaler Realität verschwimmen. Christopher und sein Team arbeiten immer an der Schnittstelle zwischen Kunst und Technik. Licht und Klang mäandern gemeinsam durch den Raum, erschaffen virtuelle Feuer („Bonfire“) oder erwecken Materie zum Leben („Inverse“). Hinter den Kunstwerken läuft eine aufwendige Software, die die einzelnen Elemente steuert und so die technische Illusionen erzeugt. Sieben seiner Werke sind nun in der Dauerausstellung Dark Matter in Berlin zu sehen.

zwischen Kunst und Technik

Christopher Bauder – © Saskia Uppenkamp

Christopher ist nicht nur Künstler, er ist auch CEO und Kreativdirektor seiner Firmen WHITEvoid, einem Design und Art Studio, sowie der Tochterfirma Kinetic Lights, die Systeme des Kinetic-Lightning entwickelt und fertigt. Beide sitzen in Berlin-Lichtenberg und bilden das Basislager für Christophers Installationen. Hier arbeiten Ingenieur*innen, Software-Entwickler*innen, Architekt*innen und Innenarchitekt*innen sowie Produktdesigner*innen und viele mehr.

Das Team hinter Christopher zählt mittlerweile 35 Köpfe. Jedes Projekt ist Teamarbeit. Durch diese Ballung von Kompetenzen können sie (fast) autark arbeiten. Alles kommt aus einem Haus. Von der Idee bis zur Software und Spezialbauteilen, wie Seilwinden und LED-Lampen. Die Trennlinie zwischen Kunst und Technik scheint sich in Christophers Arbeit aufzulösen.

“Ich komme aus einer Ingenieurs-Familie und war schon immer an Technik interessiert”, erzählt Christopher im Interview. “Mich hatte aber von Beginn an der künstlerische Aspekt interessiert, also was in der Verbindung von Kunst und Technik und Software möglich ist. Deshalb sehe ich mich in erster Linie als Künstler.”

Multidimensionale Parallelwelten

International bekannt ist der 47-Jährige wegen seiner großen Shows wie Lichtgrenze, Deep Web oder Skalar. Letztere war 2019 im Berliner Kraftwerk zu Gast und tourt seitdem durch die Welt. Für jede Show arbeitet Christopher mit eine*r Musiker*in zusammen. Für Skalar mit Kangding Ray, für Dark Matter mit Robert Henke, der auch als Teil des Duos Monolake bekannt ist. Doch mit einer Show in solch einer Dimension zu touren ist anstrengend und für alle Beteiligten immer etwas unbefriedigend.

“Eine solche Ausstellung zu organisieren ist ein wahnsinnig großer Aufwand. Wir können die großen Hallen, die wir dafür brauchen, nie länger als einen Monat haben. Immer wenn es sich gerade herumgesprochen hatte, war es auch schon wieder vorbei. Das macht es finanziell risikoreich, weil nicht klar ist, ob es sich refinanzieren lässt. Außerdem willst du als Künstler*in deine Arbeit ja so vielen Leuten wie möglich zeigen.”

Größere Freiheit, größeres Risiko

„Inverse“ – © WHITEvoid

Also war das Team um Christopher zusätzlich auf der Suche nach einer dauerhaften Lösung. Fündig wurden sie schließlich im Berliner Stadtteil Lichtenberg, gleich gegenüber der WHITEvoid-Studios, wo nun in sieben Räumen “eine multidimensionale Parallelwelt aus Licht, Raum und Klang” entstanden ist. Eigentlich hatte das Team eine Öffnung bereits im Sommer letzten Jahres anvisiert, doch es sollte perfekt sein und so dauerte es länger. Im November sollte es dann so weit sein, doch dann funkte wieder Corona dazwischen, sodass sie ein weiteres Mal verschieben mussten. Und so ist Dark Matter auch gar nicht weniger risikoreich geworden, als mit den großen Shows auf Tour zu gehen.

“Das Risiko ist nochmal höher, da es teurer und durch Corona nun auch unkalkulierbar geworden ist. Aktuell sind wir jeden Tag ausverkauft. Aber wegen der Beschränkungen wissen wir nicht, ob die Zahl der Besucher*innen ohne diese noch steigen würde. Daher ist unklar, ob Dark Matter auf Dauer funktionieren würde. Aber wir haben 100 Prozent Kontrolle und das ist ein wichtiger Punkt. Wir entscheiden was wir machen, wann wir es machen und wie wir es machen. Dabei können wir jederzeit justieren und ausprobieren, was funktioniert und was nicht. Die Zeit haben wir in anderen Locations nicht. Und da sind ja dann auch noch Dritte, denen die Location gehört und die uns hart reinquatschen.”

„Kunst ist Business. Das wird immer gerne verschleiert.“

„Liquid Sky“ – © WHITEvoid

Bei den Arbeiten von Christopher bzw. von WHITEvoid geht es immer auch ums Business. Die Technik und die Installationen werden von teils großen Firmen für ihre Präsentationen oder Events geliehen oder in Auftrag gegeben. Dark Matter stellt hier keine Ausnahme.

“Kunst ist Business. Das wird immer gerne verschleiert, aber am Ende verdient jemand Geld damit. Und ich habe auch gar kein Problem damit, wenn wir unser Kunstwerk dann für den Launch der neuen S-Klasse hinhängen. Wer am Ende für die Kunst bezahlt, ist mir eigentlich egal, solange ich Kunst machen kann. Da habe ich keine Berührungsängste und deshalb trennen wir das auch nicht. Natürlich finanziert ein Auftrag für einen Konzern die Entwicklung von neuen Kunstwerken. Und umgekehrt erzeugen neue Kunstwerke wiederum Begehren bei irgendeiner Marke, die sich das dann in ihre Eingangshalle hängt, oder ein Club, der die Gestaltung geil findet. So befeuert sich das gegenseitig ganz gut.”

In digitale Feuer gucken

„Bonfire“ – © WHITEvoid

Die ausgestellten Werke stammen aus den letzten 20 Jahren, sodass Dark Matter eine Art Bauder-Archiv ist. Einzig “Inverse” wurde in den neuen Räumlichkeiten uraufgeführt. Unter den Installationen ist auch “Bonfire”. Und wenn der Künstler selbst vor dem LED-Lagerfeuer inklusive Knistern und Funken sitzt, gerät er auch mal ins Nachdenken und Reflektieren.

“Da sitzen Leute um dieses Ding rum. Das kannst du stundenlang machen. Das ist halt wie ein echtes Feuer, dabei sind es nur Lichter, die an- und ausgehen. Und ich könnte ja in den Wald gehen und ein echtes Feuer machen und die Natur genießen. Stattdessen sitzen wir da in einem dunklen Raum und gucken uns so eine Kopie davon an. Wir versuchen ständig, die Schönheiten der Natur künstlich nachzubauen, statt uns das einfach im Original anzugucken. Das ist so ein Widerspruch. Ich habe da gar keine Meinung zu, ich finde diese Künstlichkeit ja auch irgendwie geil und finde es spannend, mit dieser Künstlichkeit zu spielen, die dir suggeriert, da sei noch etwas Natürliches dabei. Da habe ich auch gar keine Erklärung oder Lösung zu, aber ich finde es interessant, dass es so viel Spaß macht, in ein digitales Feuer zu gucken.”

Tickets zur Dark Matter gibt es hier.


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