Es kann kaum oft genug betont werden, wie heftig die Kultur- und Kreativwirtschaft von der Corona-Krise und den Maßnahmen ihrer Bekämpfung getroffen wurde. Und doch gibt es auch ein paar Kreativschaffende, die das Glück oder das Privileg hatten, die Krise für sich und ihre Projekte nutzen zu können, die Neues an den Start bringen oder Bestehendes ausbauen konnten. Beim Content Creator Festival 2021 wollten wir genau solche Geschichten hören, weil die Krise, neben all dem Leid, das sie erzeugt, am Ende auch eine Chance sein und Veränderungen anstoßen kann. Dafür haben wir Elisabeth Ceasar, die Gründerin von Spectyou, und das Gesicht hinter „Bennos Project“, den Synchronsprecher sowie Schau- und Puppenspieler Benno Lehmann, eingeladen.
Glück in der Krise
Elisabeth Caesar hat lange als Schauspieldramaturgin gearbeitet, zuletzt in Bern. Sie fand es immer schade, dass das Theater zeit- und raumgebunden stattfinden muss, also immer an die Spielstätte und die Spielzeit gebunden ist. So würden viele großartige Produktionen, gerade wenn sie an kleineren und unbekannteren Häusern realisiert werden, nur sehr wenige Menschen erreichen. Die Idee zu Spectyou, eine Mischung aus Netflix und LinkedIn für Tanz und Darstellendes Spiel, kam ihr schon lange vor der Corona-Krise und bereits 2018 begann sie mit ersten Planungen. Den Launch hat die Krise dann aber doch enorm beschleunigt, da die Branche dringend neue Perspektiven und Geschäftsmodelle brauchte.
Benno Lehmann ist Synchronsprecher, Schau- und Puppenspieler. Schon 1993 begann für ihn diese Laufbahn im Kinderensemble des Friedrichstadtpalast. Den praktischen Erfahrungen stellte er später ein Studium an der “Ernst Busch”-Hochschule für Schauspielkunst zur Seite. Im Laufe der Zeit hat Benno nicht nur viele Bühnen gesehen, sondern auch auf ihnen gespielt, so wie am Berliner Ensemble, am Maxim Gorki Theater oder der Volksbühne. Außerdem arbeitet er als Synchronregisseur und Synchronschauspieler. Während der Krise begann Benno den Virologen Christian Drosten für seinen YouTube-Channel “Bennos Project” zu synchronisieren und hatte damit großen Erfolg.
Demokratisierung der Theaterbranche
Elisabeth und Benno hatten beide sehr viel Glück, dass sie bereits vor der Krise Projekte in der Schublade hatten, die von der Krise profitieren konnten. “Theater online wäre vor zwei Jahren noch undenkbar gewesen”, sagt Elisabeth im Talk. Und Benno stimmt sofort zu, dass Online-Angebote im Bereich des Darstellenden Spiels oft einen schlechten Ruf hätten. Die Krise änderte das und verlangte von der Theaterbranche ein Umdenken und neue Geschäftsmodelle, die Elisabeth gewissermaßen schon bereit hatte. Sie betont aber, dass Spectyou keine Alternative zu den Präsenz-Aufführungen sein solle. Sie selbst schätzt die leibliche Kopräsenz von Darstellenden und Zuschauenden sehr und diese könne durch Nichts ersetzt werden. Spectyou soll ein zusätzliches Angebot sein, das andere Zielgruppen erreicht und auch kleinen Spielstätten in nicht-urbanen Gegenden ein breiteres Publikum ermöglicht. Elisabeth geht es also auch um die Demokratisierung der Szene.
Natürlich nicht die Krise selbst, aber deren Auswirkungen kamen Benno gar nicht so ungelegen. Denn dieser hatte ohnehin eine Pause vom Theaterspielen geplant, um sich unter anderem seinem YouTube-Channel “Bennos Project” zu widmen, wo er Personen des öffentlichen Lebens mit lustiger Synchronstimme und Charakter versieht. Ein Aufnahmestudio hatte er schon zu Hause, sodass er den Lockdown für sich nutzen konnte. Einen großen Viralitätsschub bekam der Kanal durch die Synchronisation des Virologen Christian Drosten. Das beflügelte Benno und sein Projekt natürlich.
Im Zuge der Veränderungen für die Kultur- und Kreativbranche sprechen Elisabeth, Benno und Timm auch über den Einsatz Künstlicher Intelligenz, ob diese auch kreativ sein kann und was das für Kreativschaffende bedeuten könnte. In diesem Zusammenhang erwähnt Elisabeth auch das Tools-Festival, ein digitales Theaterlabor, wo Versuche mit neuen Techniken im Theater stattfinden.
Den kompletten Talk und viele andere Inhalte gibt es auf dem Comacon-YouTube-Channel.
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